Das Verstehen fängt mit dem Zuhören an

Fünf Erzählsalons mit geflüchteten Menschen in Lauchhammer

Ein Bericht von Angelika Steffens

In der Zeit vom 22.09.16 bis zum 01.12.16 fanden im Mehrgenerationenhaus Lauchhammer fünf Erzählsalons statt. Die Erzählsalons waren Teil des Projektes „WILLKOMMEN in brandenburg junges theater von luckau nach lauchhammer“, das durch das „Bündnis für Brandenburg“ gefördert wurde. Das Theaterstück gab den TeilnehmerInnen der Salons einen besonderen Impuls, denn es zeigte Flucht, Ankommen und Einleben (afghanischer) Flüchtlinge in einer deutschen Kleinstadt.

Die Erzählsalons wurden von den zwei geschulten Salonnièren Kerstin Gogolek und Angelika Steffens vorbereitet und durchgeführt. Im Mittelpunkt standen die Fragen: Warum musste ich meine Heimat verlassen? Wie erlebte ich meinen Weg nach Deutschland? Wie kam ich in der Fremde an?

Es waren geflüchtete Menschen, die sowohl im Übergangswohnheim als auch in eigenen Wohnungen in Lauchhammer und Umgebung wohnen. Deutsche aus Lauchhammer und der Region nahmen ebenfalls an den Erzählsalons teil.

Alle Geschichten wurden vom Persischen bzw. vom Arabischen ins Deutsche und umgekehrt übersetzt. Zwei Dolmetscher (ein Afghane und eine Syrerin) leisteten diese wichtige und anstrengende Arbeit. Das Übersetzen war unerlässlich, auch wenn es besondere Anforderungen an die Aufmerksamkeit und Geduld aller Teilnehmenden stellte.

Fast alle TeilnehmerInnen waren durch die Flüchtlingsarbeit bereits mit den AkteurInnen des Mehrgenerationenhauses bekannt und vertraut. Dadurch kam es zu Besucherzahlen zwischen 20 und 40 Personen.

Wichtig war den Salonnièren, dass die ErzählerInnen ihre eigene Geschichte erzählen, dass die ZuhörerInnen mit ganzer Aufmerksamkeit bei dem/der Erzählenden bleiben und ihn/sie nicht unterbrechen und dass das Erzählte nicht kommentiert wird.

Zu Beginn der Salons wurden die Teilnehmenden zu einer Minute Stille eingeladen, wenn möglich, mit geschlossenen Augen: Atem holen, mit den Gedanken in der Runde ankommen, sich fokussieren. Und es entstand die Idee, am Ende der Salons gemeinsam zu singen. Nach einigen Überlegungen einigten sich alle auf „Dona nobis pacem“.

AusländerInnen und Deutsche machten sich über die erzählten Geschichten miteinander bekannt und entwickelten Verständnis füreinander. Die Atmosphäre während der Salons war achtungsvoll, wertschätzend, rücksichtsvoll, tröstend und manchmal heiter.

Die ErzählerInnen mussten nicht lange gebeten werden zu sprechen. Wer erzählte, wurde wahrgenommen. Sie oder er teilte seine Erlebnisse mit und teilte sie dadurch mit den ZuhörerInnen. Das Erzählen tat gut. Die Erzählsalons trugen zur Verarbeitung von zum Teil sehr belastenden Erlebnissen bei. Die syrische Dolmetscherin, die in ihrer Heimat eine psychologische Ausbildung erfahren hat, sagte: „ Wenn du etwas Schweres erlebt hast oder eine Last auf dem Herzen trägst, erzähle es Freunden und es wird (ein bisschen) leichter.“ Genau das erlebten alle Beteiligten.

Ein Lausitzer, der alle Salons besucht hatte, sagte am Ende: „Ich bin immer wieder gern gekommen und habe so etwas Persönliches von euch erfahren, was ich normalerweise nicht erfahren hätte.“

Im Laufe der Erzählsalons entwickelte sich das Bedürfnis, über das jetzige Leben der Geflüchteten in Deutschland und über ihre Zukunftspläne zu sprechen. Deshalb wird es im Jahr 2017 Veranstaltungsformen (Workshops, Erzählsalons) geben, die sich diesen Themen widmen.