Ein Winterabend in Sedlitz

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Foto: Sebastian Bertram

Den Nachmittag über hatte es dicke Flocken geschneit. Sedlitz lag unter einer dichten Schneedecke, als in der Gaststätte Colorado am Abend die Saloon-Türen schwangen: Nach und nach füllte sich die warme Stube mit den Teilnehmern des nunmehr fünften Erzählsalons im einstigen Kohle-Dorf.
Das Thema des Abends lautete „Was ich mit dem Bergbau verbinde“ – ein Stichwort, das die Erinnerungen der meisten der elf Teilnehmer nur so sprudeln ließ, waren manche von ihnen doch sogar schon als Kinder in der Kohle tätig gewesen.

Erzählsalon Lausitz Sedlitz
Foto: Sebastian Bertram

Ortsvorsteher Steffen Philipp, der kurz vor der Veranstaltung noch zum Winterdienst rausmusste, setzte sich frisch geduscht an den langen Tisch, an dem neben einigen bekannten Gesichtern auch neue Teilnehmer saßen. Unter ihnen ein junger syrischer Flüchtling aus dem benachbarten Übergangswohnheim, der zusammen mit zwei Landsmännern erschien, die schon beim letzten Erzählsalon im November zur Überraschung der Sedlitzer Damen dabei waren.

Erzählsalon Lausitz Sedlitz
Foto: Sebastian Bertram

Das Thema „Was ich mit dem Bergbau verbinde“ funktionierte glänzend – eine Geschichte jagte die nächste. Mal handelte sie von Schwerstarbeit beim Schwellenausbau für die Kohle-Züge, mal von einer abenteuerlichen Mopedfahrt durch den stillgelegten Tagebau. An der Ecke des Tisches, an der die Flüchtlinge saßen, herrschte anfangs neugierige Ratlosigkeit: Die jungen Männer aus Damaskus, die seit gerade einmal fünf Monaten in Deutschland leben, konnten sich unter Bergbau nichts vorstellen.

Erzählsalon Lausitz Sedlitz
Foto: Sebastian Bertram

Und so war es für die Übersetzerin, Projektmitarbeiterin Antje Käske, eine besondere Herausforderung, ihnen obendrein zu erklären, was „Bergmannsschnaps“ ist und wann er zum Einsatz kam. Interessiert blickten alle drei über den Tisch, da sie im Erzählsalon endlich etwas über die Geschichte und die Menschen der Gegend erfuhren, in der sie wohnen.

 

Erzählsalon Lausitz Sedlitz
Foto: S. Bertram

Sie konnten teilhaben an den Erfahrungen der Eingesessenen und bekamen wiederum selbst die Möglichkeit, ihre Geschichten zu erzählen – mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben, wie schwer es sei, mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen, und was sie sich für ihre Zukunft wünschen. Im weiteren Verlauf des Erzählsalons nahmen verschiedenste Meinungen am Tisch Platz, auch zur Flüchtlingssituation. Offen und konstruktiv. Einig waren sich die Sedlitzer darin, dass es gar nicht leicht sei, Brücken zwischen der alteingesessenen Dorfgemeinschaft und den neu hinzugezogenen Flüchtlingen zu bauen, die auf unbestimmte Zeit, meist nur wenige Wochen oder Monate, im Ort bleiben.
Ortsvorsteher Philipp betonte, dass die Sedlitzer alles in ihrer Macht stehende dafür täten, dass eine Annäherung stattfinde. Sie alle seien sehr stolz darauf, dass es keine größeren Probleme im Ort gebe. Und das wollten sie aktiv bewahren.

Der Erzählsalon in der warmen Stube des Colorado ließ daran keinen Zweifel. Und machte allen Lust auf mehr …