Das Zusammenspiel verschiedener Potenziale

Erzählsalon_Lauchhammer_SüdClub
Foto: Steffen Rasche

Durchgesessene Sofagarnituren, unverputzte Klinkerwände, zerbrochene Skateboards als Wandschmuck – trotz des „Underground“-Ambientes im Keller des Süd-Clubs waren im sechsten Lauchhammeraner Erzählsalon Liebhaber verschiedenster Musikstile willkommen – vom Punkrocker bis zum Bergmannschor-Mitglied. Das Thema lautete „Was wir in Lauchhammer mit Musik machen“. Gekommen waren 13 jüngere und ältere Erzähler: Vertreter von Buntrock e.V., des Süd-Clubs, des Traditionsvereins sowie vier afghanische Geflüchtete aus Lauchhammer mit ihrer Deutschlehrerin. Reihum und kreuz und quer erzählten sie einander Geschichten, die sie mit Musik verbinden.

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Foto: Steffen Rasche

Die jungen Afghanen schilderten zunächst ihre Erfahrungen mit Instrumenten und Tanz und hörten gebannt die Erzählungen der Einheimischen, die ihnen zwischendurch ins Englische übersetzt wurden. Sie erfuhren von der Geschichte der Lauchhammeraner Punkband „Ausschreitung“, davon, wie familiär es im Buntrock e.V. zugeht, und von der Frau aus der Nachbarschaft des Süd-Clubs, die bei den hier aufspielenden Bands berühmt für ihren Kartoffelsalat war.
Jüngere und ältere Teilnehmer erzählten über ihre persönlichen Erinnerungen die Musikgeschichte ihrer Stadt. Erstaunlich war die hohe Akzeptanz gegenüber verschiedensten Musikstilen, die in den Erzählungen durchklangen – „sofern es sich nicht um Nazi-Lieder handelt“, wie ein junger Punkrocker klarstellte. Im Subtext der Geschichten wurden viele Hoffnungen, aber auch Skepsis ausgedrückt, die die Lauchhammeraner haben, wenn sie an die Konzertkultur in ihrer Heimatstadt denken.

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Foto: Steffen Rasche

Während die Älteren mehr von den Hürden sprachen, erzählten die jüngeren Erzähler eher von den nicht ausgeschöpften Potenzialen. Einig waren sich die meisten darin, dass oft Bürokratie und Gesetze der Realisierung von Konzerten im Weg stünden. Wenn bei den Verantwortlichen wirkliches Interesse da wäre, so einer der Erzähler, wäre alles im Grunde nur Auslegungssache.
Dabei seien die Biotürme von Lauchhammer, so das einhellige Urteil der Runde, ein „super Ort“ für Kulturveranstaltungen. Mit besten technischen Voraussetzungen. Doch werde wegen angeblicher Ruhestörung viel zu schnell die Polizei gerufen. Es sei denn die Puhdys spielen auf, warf ein Älterer ein. 2006 kamen mehr als 4.000 Menschen zum Konzert der legendären Rockband. Das Problem sei, dass man monatelang vorher anfangen müsse zu planen und Genehmigungen einzuholen. „Dafür braucht es engagierte Helfer“, sagte einer der Vertreter des Süd-Clubs. Am Ende hänge es an wenigen Leuten – die seien aber offen, motiviert und engagierten sich gern.

Je mehr über Wünsche und Hoffnungen rund ums Musikmachen erzählt wurde, desto mehr offenbarte sich, wie wenig trennend selbst scheinbar gegensätzliche Stilrichtungen sind. Entscheidend sei vielmehr, mit den vorhandenen Potenzialen etwas gemeinschaftlich auf die Beine zu stellen. So wurde der Einfall, in die 25-Jahr-Feier von Buntrock e.V. im nächsten Jahr den Bergmannschor einzubinden, auf allen Seiten begrüßt. „Nachmittags soll es sowieso etwas familiärer sein, erst abends geht es ruppiger zu Sache“, so ein Buntrocker.

Erzählsalon_Lauchhammer_Geflüchtete
Foto: Steffen Rasche

Die Salonnière brachte zum Ende des Erzählsalons sogar die Idee ein, dass die verschiedenen Musikstil-Vertreter nicht nur nacheinander, sondern auch miteinander musizieren könnten – in einem Zusammenspiel vom Bergarbeiter-Orchester und Punkrockern. Gemeinsam könne man eine eigene Komposition schaffen, zum Beispiel für eine „Glück Auf“-Oper. Dafür waren alle zu begeistern. „Aber auch die Stadt muss mitspielen“, erinnerte einer der jüngeren Musiker daran, dass am Ende alle überzeugt werden müssen.